PR:VGH Mannheim: Grundsatzurteil zu LKA-Datenspeicherungen
VGH Mannheim: Grundsatzurteil zu LKA-Datenspeicherungen
(25.02.2015) Mit seinem Urteil vom 10.02.2015 zur Rechtswidrigkeit der Datenspeicherungen eines Atomkraftgegners durch des Landeskriminalamtes Baden-Württemberg (LKA) hat der Verwaltungsgerichtshof in Mannheim (VGH) ein Grundsatzurteil gesprochen. Die bisherige Bewertungspraxis von Straftatverdächtigungen durch das LKA und der darauf basierenden Datenspeicherung in der AD/PMK – Arbeitsdatei politisch motivierte Kriminalität, wurde in Frage gestellt. Dies ist ein Piloturteil für Aktivisten/innen mit Straftatverdachtsspeicherungen in Landes- und Bundesdateien. Wir fordern das LKA, alle Polizeibehörden und den Staatsschutz auf, diese Praxis sofort zu beenden und gemäß diesem Urteil zu Unrecht erhobene Daten allen Betroffenen mitzuteilen.
Mit diesem Urteil werden dem LKA und den Polizeibehörden engere Grenzen bei der Auslegung für die §§ 38 + 37 des Polizeigesetzes in Baden-Württemberg gesetzt. Der seit 2008 geänderte und verschärfte § 38 erlaubt zwar seitdem eine Verdachtsspeicherung von bis zu zwei Jahren, jedoch hat der VGH mit seinem Urteil (basierend auf der Vorgängerfassung § 38) generell pauschalen und nicht hinreichend belegten Verdachtsmomenten einen Riegel vorgeschoben.
- Der VGH legte fest, dass alle Speicherungen einer Person aufgrund von Verdachtsmomenten entweder durch Handlungen, durch Verurteilungen usw. und der darauf basierenden Gefahreneinschätzungen des LKA in den Akten konkret belegt werden müssen.
- Das bisherige Vorgehen des LKA, auch pauschale Verdachtsspeicherungen nach dem § 37 ohne eine konkrete Zuordnung zu einer vorgeschriebenen Personengruppe vorzunehmen, erklärte der VGH für rechtswidrig. Somit sind zukünftig, wie in diesem Fall geschehen, Datenspeicherungen in Form eines „politischen Bewegungsprofils" nicht mehr möglich.
- Zusätzlich legte der VGH fest, dass immer eine fristgerechte Überprüfung der Datenspeicherungen zu erfolgen hat. Dann muss entweder eine Löschung erfolgen oder die Verdachtsvorwürfe müssen mit einer neuen Begründung und Dokumentation durch neue Fakten belegt werden.
Der Landesvorsitzende der Humanistischen Union Baden-Württemberg und Prozessbevollmächtige des Verfahrens, der Freiburger Rechtsanwalt Kauß, hofft, dass die Polizei das Urteil zum Anlass nimmt, endlich ihre Dateien von allen unzulässig gespeicherten Bürgerdaten zu befreien.
Das Aktionsbündnis CASTOR-Widerstand Neckarwestheim fordert eine Änderung der Straftatvorwürfe im Versammlungsrecht. Im vorliegenden Fall des Klägers beruhten die meisten Straftatverdächtigungen auf von den Polizeibehörden festgelegten Vorwürfen versammlungsrechtlicher Verstöße. Diese stellten sich alle als haltlos heraus, waren jedoch die Grundlage für 10-jährige Datenspeicherungen das LKA und des BKA.
Fazit: Die Revision gegen das Skandalurteil des VG Stuttgart vom Oktober 2011 wurde vom VGH mit dem Hinweis zugelassen, dass eine Wiederholungsgefahr und ein Rehabilitationsinteresse des Klägers bestehe, sowie ein tiefgreifender Grundrechtseingriff vorliege. Dies hatte das Verwaltungsgericht Stuttgart noch verneint. Mit diesem Grundsatzurteil wird die bisherige pauschale Straftatverdachtsspeicherung des LKA für rechtswidrig erklärt!
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