PR:Russische JANUN-Partnerorganisation als "Foreign Agent" verfolgt
Pressemitteilung vom 16. Juni 2014
Prozess gegen Menschenrechtsaktivisten eröffnet
Russische JANUN-Partnerorganisation als "Foreign Agent" verfolgt
Hannover/Murmansk. Heute wird in Murmansk der Prozess gegen die Humanistische Jugend-Bewegung (GDM) eröffnet. Mitglieder der russischen Menschenrechtsorganisation sind auch an Projekten des Jugendumweltnetzwerks Niedersachsen (JANUN) beteiligt. GDM soll nach Willen des russischen Geheimdienstes FSB und der Staatsanwaltschaft als "Foreign Agent" (Ausländischer Agent) eingestuft werden. Eine Verurteilung als "Foreign Agent" kommt einem Verbot der Menschenrechtsorganisation gleich. Die Anklage ist auch ein Angriff auf das Engagement von GDM-Repräsentantinnen in der regionalen zivilgesellschaftlichen Gefängnis-Kontrollkommission. JANUN fordert die Einstellung des Verfahrens.
Die Humanistische Jugend-Bewegung setzt sich für kritisches Denken und die Stärkung humanistischer Werte, gegen Diskriminierung und soziale Ausgrenzung ein. Sie will außerdem der Jugend zu einer wichtigeren Rolle in der Gesellschaft verhelfen. Zu diesem Zweck organisiert die Nichtregierungsorganisation partizipative Festivals, Jugendbegegnungen und Konferenzen. GDM-Aktivistinnen haben seit 2011 an der Produktion von Publikationen und Organisation von Veranstaltungen des JANUN-Arbeitskreises "Internationales" mitgewirkt. Internationale Kooperationen von Jugendorganisationen wie JANUN und GDM scheinenden russischen Behörden ein Dorn im Auge zu sein und werden mit der "Foreign Agent"-Gesetzgebung verfolgt.
Die Anklage gegen die Humanistische Jugend-Bewegung als "Foreign Agent" steht im Widerspruch zum russischen Gesetz, da die Tatbestandsmerkmale nicht erfüllt werden. Das für die Prüfung auf die "Foreign Agent"-Kriterien zuständige Justizministerium hat bereits im März schriftlich festgestellt, dass GDMs Tätigkeiten nicht als politisch zu bewerten sind, damit kann im Sinne des Gesetzes kein Fall von "Foreign Agent" vorliegen. Die "Foreign Agent"-Gesetzgebung wird von russischen Menschenrechtsorganisationen in Frage gestellt und deren großflächiger Einsatz gegen unliebsame Organisationen kritisiert.
"Wir wertschätzen die Kooperation und den regen Austausch mit den Aktivist_innen von GDM sehr, sie sind wichtig für den interkulturellen Austausch und die Bildungsarbeit", sagt Hannah Engelmann von JANUN. "Menschenrechts-Aktivisten sind keine ausländischen Agenten! Wir fordern die Staatsanwaltschaft auf, die skandalöse Anklage zurück zu ziehen; das Verfahren muss eingestellt werden."
Hintergrund
Zwei Repräsentantinnen der Humanistischen Jugend-Bewegung engagieren sich im regionalen "Social Control Committee", einer zivilgesellschaftlichen Gefängnis-Kontrollkommission. In Russland erlaubt eine besondere Gesetzgebung Nichtregierungsorganisationen (NGO), Vertreter in regionale Gefängnis-Kontrollkommissionen zu entsenden. Die Kommissionsmitglieder haben freien Zugang zu allen Einrichtungen des Strafvollzugs der Region, dürfen jederzeit mit allen Gefangenen und Bediensteten der Gefängnisse sprechen und Missstände öffentlich anprangern. Die Kommissionen haben bereits viele wesentliche Verbesserungen der allgemeinen Bedingungen für Häftlinge bewirkt und konnten auch in individuellen Fällen helfen. Eine Schließung von GDM infolge einer Verurteilung als "Foreign Agent" würde zum Verlust der Kommissionsmandate führen und damit effektiv das menschenrechtliche Engagement ihrer Repräsentantinnen im Strafvollzug blockieren. Ein Zusammenhang zwischen dem Verfahren gegen die Organisation und der Mitarbeit in der - für die Haftanstalten unbequemen - Murmansker Kontrollkommission wird von verschiedenen Seiten vermutet.
Als "Foreign Agent" definiert das russische Gesetz registrierte Nichtregierungsorganisationen, die Unterstützung aus dem Ausland erhalten und politisch aktiv sind. Die Regelungen wurden nach den starken Protesten gegen Unregelmäßigkeiten bei den letzten Wahlen in Russland eingeführt. Unabhängige Organisationen haben in Russland einen schweren Stand und sind oft auf finanzielle Unterstützung aus dem Ausland angewiesen. Die Einstufung als "Foreign Agent" bewirkt eine öffentliche Stigmatisierung der betroffenen Organisationen. Kooperationen mit anderen Organisationen sind dann so gut wie unmöglich, weil die Kooperationspartner Gefahr laufen ebenfalls als "Foreign Agent" eingeordnet zu werden. Öffentlichkeitsarbeit wird praktisch unmöglich, da die NGOs sich selbst als ausländische Spione bezeichnen müssen und damit Vertrauen verlieren. In der Praxis führt die Registrierung als "Foreign Agent" zur Schließung der betroffenen NGO, da deren Weiterarbeit so gut wie unmöglich ist. Statistisch enden fast 100% der Verfahren nach dem "Foreign Agent"-Gesetz mit einer Verurteilung, unabhängig von der tatsächlichen Faktenlage.
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